Der Schreiblernprozess ist eine spannende Reise für Kinder. Er kann jedoch für einige von ihnen, insbesondere für Linkshänder, eine Herausforderung darstellen. Und es entscheidet sich schon bei den ersten Schreibübungen, ob Linkshänder Spaß am Schreiben entwickeln. Bitte sei wachsam!

 

Als  Lerncoach, Lerntherapeutin und Linkshänder Beraterin möchte ich Kinder in jeder Phase ihres Schreiblernprozesses unterstützen und begleiten mit Tipps und kleinen Hilfen im Alltag.

 

In diesem Blogartikel habe ich für Eltern sechs wichtige Punkte zusammengefasst, die Linkshänder Kinder beachten sollten, um den Schreiblernprozess erfolgreich und mit viel Spaß zu durchlaufen. Denn leider werden Linkshänder in der Schule oft nicht richtig gefördert, so dass es ganz wichtig ist, dass Eltern auch zu Hause über die Herausforderungen Bescheid wissen und mit ihrem Kind gezielt üben können.

 

Zu jedem Punkt gibt es Übungen, damit es praxisnah gleich ausprobiert werden kann.

 

Das sind die sechs Punkte:

1. Die Bedeutung der Stifthaltung und Blattlage

2. Buchstabenformen und -Richtung

3. Die Auge-Hand-Koordination

4. Die gezielte Entwicklung der Feinmotorik

5. Die Verknüpfung von Lesen und Schreiben

6. Geduld und Übung

 

 

Die richtige Stifthaltung legt den Grundstein für erfolgreiches Schreiben. Kinder sollten frühzeitig lernen - schon im Kindergarten, wie man einen Stift korrekt hält. Untersuchungen haben ergeben, dass die Dreipunkt-Haltung am leichtesten für Kinder zu erlernen ist.

 

Der Drei-Punkt-Griff bedeutet, dass der Stift zwischen Daumen und Zeigerfinger gehalten wird und locker auf dem Mittelfinger aufliegt (siehe Foto) Der Stift liegt locker in der Hand.

 

Eine gute Stifthaltung ermöglicht es Kindern, Buchstaben und Wörter klar und leserlich auf das Papier zu bringen.

 

 

Übung:

Stifthaltung-Übung mit sehr dicken Stiften und Kreide: Verwenden Sie dicke Stifte oder Kreide, die leicht zu greifen sind. Lassen Sie das Kind den Stift zwischen Daumen und Zeigefinger halten. Das Kind darf jetzt unterschiedliche Formen auf das Papier zeichnen, einfach so, ganz wild drauflos. Am besten auf ein DIN A 3 Papier, dann kann sich das Kind gut ausbreiten. Einzige Aufgabe ist: Den Stift im Drei-Punkt-Griff halten.

Dies stärkt die Fingerkraft und verbessert das Gefühl für den Stift.

 

 

 

Wenn der Stift von rechts nach links geschoben wird, dann verdeckt die Hand beim Schreiben das Geschriebene. Das ist sehr ärgerlich, weil man das Wort nicht sehen kann und weil es - je nach Stift und Tinte - auch noch verwischt, wenn man mit dem Handrücken darüber schmiert.

 

Viele Kinder gewöhnen sich die Hakenhaltung an, d.h. die Hand liegt über dem Geschriebenen. Diese Haltung führt dann zu Verkrampfungen und schneller Ermüdung beim Schreiben.

Deswegen wird empfohlen das Blatt nach rechts zu neigen und die Hand beim Schreiben unterhalb der Schrift zu halten.

Es gibt dafür eine tolle Schreibtischunterlage in DIN A4, die man sich hier kostenlos als Vorlage herunterladen kann. 

 

Beim Schreiben ist es wichtig, die korrekten Buchstabenformen und -Richtungen zu erlernen.  Das ist gerade für Linkshänder wegen der anderen Arbeitsrichtung eine große Herausforderung.

Und im nächsten Schritt, muss das Schreiben zu automatisiert werden. Erst wenn der Schreibprozess automatisiert ist, dann kann an der Rechtschreibung und am kreativen und logischen Teil gearbeitet werden.

Ansonsten verbraucht der feinmotorische Schreibprozess so viel Energie, dass für die Rechtschreibung nicht mehr viel Kapazität übrig bleibt. Es besteht ein großer Zusammenhang zwischen NICHT automatisiertem Schreibprozess und nicht ausreichender Rechtschreibung.

 

 

Leider gibt es in Deutschland in jedem Bundesland andere Schriften, die in der Schule gelehrt werden.

Es gibt folgende Schriften:

• Druckschrift
• Schulausgangsschrift (SAS)
• Vereinfachte Ausgangsschrift (VA)
• Lateinische Ausgangsschrift
• Grundschrift

In den meisten Bundesländern dürfen die Schulen selbst entscheiden, welche Schrift eingesetzt wird. 

In den meisten Schulen wird als verbundene Schreibschrift die Schulausgangsschrift eingesetzt (SAS). 

Es wird oft in der ersten Klasse die Druckschrift und ab der zweiten Klasse die Schreibschrift gelehrt.

 

Das ist für manche Kinder ganz schon viel, weil sie zweimal in kurzer Zeit neue Buchstaben lernen müssen. Oft bleibt für die richtige Automatisierung der Schreibschrift zu wenig Zeit im Unterricht.

 

Die Grundschrift - übrigens mein Favorit für Linkshänder - entsteht aus den Druckbuchstaben und wird dann zu einer verbundenen Schrift. Und im dritten Schritt wird sie zu der individuellen Handschrift. Oft wird dargestellt, dass die Kinder bei der Grundschrift keine verbundenen Schrift lernen, aber das ist nur die halbe Wahrheit. Denn das Ziel der Vermittlung der Grundschrift ist, dass einzelne Buchstaben mit einander verbunden werden und daraus sich dann die individuelle Handschrift entwickelt.

 

Mansche Bewegungen, z.B. beim kleinen "k" oder kleinen "r" in der SAS, sind für Linkshänder schwer zu bewältigen. Die Bewegung lässt sich mit der linken Hand schwerer ausführen als mit der rechten Hand.

 

Übung:

Buchstaben im Sand nachspuren. Dies fördert die korrekte Bewegung und Orientierung der Buchstaben.

Gezielte Übungen im Alltag, um die Auge-Hand Koordination zu trainieren, z.B. die Übungen mit zwei Bällen:

• Bälle abwechselnd jeweils gerade hoch werfen und wieder fangen.
• Bälle aus beiden Händen gleichzeitig gerade hoch werfen und wieder fangen.
• Beide Bälle nacheinander gerade hoch werfen und entsprechend nacheinander wieder fangen (Werfen, Werfen – beide Hände sind kurz leer – Fangen, Fangen)
• Jonglieren mit zwei Bällen

 

 

 

Die Auge-Hand-Koordination ist von entscheidender Bedeutung, wenn es um das Schreiben geht. Sie ermöglicht es Kindern, das, was sie sehen, präzise auf das Papier zu übertragen. Eine effektive Auge-Hand-Koordination unterstützt nicht nur das Schreiben, sondern auch viele andere alltägliche Aktivitäten.

 

 

Übung: 

Punkt-zu-Punkt-Zeichnungen: Geben Sie dem Kind Arbeitsblätter mit Punkt-zu-Punkt-Zeichnungen. Diese Übungen erfordern, dass das Kind seine Augen auf die Punkte richtet und dann die Linien zwischen den Punkten verfolgt, um ein Bild zu vervollständigen. Dies fördert die präzisen Augenbewegungen und die Hand-Koordination.

 

 

 

Die Entwicklung der Feinmotorik ist entscheidend für das Schreiben. Im Laufe der kindlichen Entwicklung werden immer mehr Fertigkeiten gelernt bei denen beide Hände genutzt werden.

Gerade bei den feinmotorischen Tätigkeiten ist es wichtig, dass die Kinder die dominante Hand auch verwenden und trainieren. Unsere Hände haben zwei Aufgaben: eine Hand hält und die andere übernimmt die feinmotorischen Bewegungen.

Umso mehr Gelegenheiten und Herausforderungen Kinder haben, dieses Zusammenspiel beider Hände im Spiel zu trainieren, um so besser gelingt auch das Schreiben.

 

Kinder sollten viele Gelegenheiten zum Malen, Zeichnen, Bauen oder Basteln haben, um ihre Handmuskulatur und Koordination zu verbessern. Diese Aktivitäten helfen dabei, die feinen Bewegungen der Finger zu trainieren, die für das Schreiben erforderlich sind.

 

Übung:

Perlen auffädeln: Geben Sie dem Kind kleine Perlen und einen Faden. Das Auffädeln der Perlen erfordert präzise Handbewegungen und stärkt die Fingerkraft. Dies ist eine großartige Übung, um die Feinmotorik zu entwickeln.

Oder auch Diamant-Painting oder Bügelperlen. Bauen mit Bauklötzen und Hölzern.

 

 

 

 

 

Das Lesen und Schreiben sind eng miteinander verbunden. Kinder sollten frühzeitig mit Büchern in Berührung kommen und Geschichten hören. Das Lesen unterstützt das Verständnis für Buchstaben und Wörter, was wiederum das Schreiben erleichtert. 

Gerade für den Linkshänder ist es schwerer Lesen zu lernen als für den Rechtshänder. Das liegt an der Arbeitsrichtung. Der Linkshänder möchte gerne von rechts nach links lesen oder schreiben oder blättern. Das geht angenehmer für die Hand und für die Augen. Deswegen brauchen Linkshänder immer eine Hilfestellung, wo der Anfang der Zeile ist zum Lesen und auch zum Schreiben.

Das geht mit kleinen Pfeile oder anderen visuellen Kennzeichen an Anfang der Zeile beim Schreiben. Zum Lesen hilft am besten ein "Lesepfeil" der zeigt die richtige Richtung an und kann langsam Wort für Wort in die richtige Richtung geschoben werden.

 

Übung:

Wort-Bild-Karten: Verwenden Sie Karten mit Bildern und dazugehörigen Wörtern. Das Kind kann das Bild betrachten, das Wort lesen und dann versuchen, es selbst zu schreiben. Dies hilft dabei, Lesen und Schreiben miteinander zu verknüpfen und den Schreibprozess zu unterstützen.

 

 

 

 

Der Schreiblernprozess erfordert Geduld und Übung besonders wegen der anderen Arbeitsrichtung der Linkshänder.

Kinder sollten verstehen, dass es normal ist, Fehler zu machen, und dass sie durch regelmäßiges Üben Fortschritte machen werden. 

Es ist oftmals für Linkshänder eine besondere Herausforderung, wenn die Übungshefte nicht für Linkshänder gestaltet sind. Deswegen ist es ganz wichtig, dass Eltern die Hefte überprüfen und mit dem Lehrer das Gespräch suchen. Denn wenn das Kind das Wort mit der Hand verdeckt, dann kann es nicht leicht und entspannt schreiben lernen , sondern muss die Hand immer wieder hochheben, um den Wort sehen zu können. 

 

Geduld und viel Kontrolle ist auch wichtig für die Eltern, denn Kinder merken nicht, wenn die Arbeitsblätter für sie ungünstig zu bearbeiten sind. Kinder merken nur, dass es mühsam ist und haben dann keine Lust mehr und entwickeln Frust dem Schreiben lernen gegenüber. 

 

Kindern hilft es, wenn sie selbstständig schreiben und ihre Kreativität entfalten können.

Loben Sie ihre Bemühungen und Fortschritte, um ihr Selbstvertrauen zu stärken.

 

Übung:

Geschichten schreiben: Ermutigen Sie das Kind, kurze Geschichten oder Tagebucheinträge zu verfassen. Es ist wichtig, den Fokus auf den Inhalt und die Kreativität zu legen, ohne sich zu sehr auf die Schreibqualität zu konzentrieren. Mit der Zeit wird sich die Schreibfähigkeit des Kindes verbessern.

 

 

 

Der Schreiblernprozess kann für Linkshänder Kinder, insbesondere für diejenigen mit Feinmotorik-Problemen, eine große Herausforderung darstellen. Aber mit der richtigen Unterstützung durch die Eltern und den entsprechenden Übungen können sie schnell Fortschritte machen.

 

Die richtige Stifthaltung, das Üben von Buchstabenformen, die Entwicklung der Feinmotorik, die Auge-Hand-Koordination, die Verknüpfung von Lesen und Schreiben sowie Geduld und Übung sind Schlüsselkomponenten, um diesen Prozess zu bewältigen. 

Die vorgeschlagenen Übungen sollen erste Ideen und Richtungen seien, die Eltern gerne erweitern und abändern dürfen.

 

Ich bin immer ein Fan davon Eltern Schlau zu machen, so dass sie selbst ihre Kinder unterstützen können.

 

Deswegen gibt es bei mir keine Schreibkurse für Kinder, die ich begleite, sondern es gibt einen Online Kurs für Eltern, den sie zusammen mit ihrem Linkshänder Kind zu Hause umsetzen können. Es ist leichter jeden Tag kleine Übungen in den Alltag einzubauen als nur einmal in der Woche irgendwo hinzu fahren und am Stück viele Aufgabe zu machen. Der Übungseffekt ist mit kleinen Portionen viel nachhaltiger und effektiver.

 

Es gibt auch einen Rückschulungskurs für Erwachsene. Umgeschulte Linkshänder, die mit der linken Hand schreiben lernen wollen.

 

In dem Kurs gibt es verschiedenste Übungen, um genau die oben beschriebene Thematiken zu tannieren und verbessern zu können.

 

Wer keine Lust auf einen "Selbstlernen-Kurs" hat, der kann sich für unseren regelmäßigen Online-Linkshänder-Gruppentreffen anmelden.  Hier treffen sich gleichgesinnte Mütter und Väter, die sich über die Herausforderungen ihre Kinder austauschen und mir Fragen stellen können. Es können die Fragen auch schon vorher eingereicht werden, dann beantworte ich sie auf alle Fälle. 

 

Gerne kannst du auch ein kostenloses telefonisches Beratungsgespräch vereinbaren.